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München: Jugendliche greifen laut Experten nach Corona zu immer härteren Drogen

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Eine Folge von Corona? Immer mehr Jugendliche greifen zu harten Drogen.
Eine Folge von Corona? Immer mehr Jugendliche greifen zu harten Drogen. (Symbolbild) © Panthermedia/resnick_joshua1

Seit der Corona-Pandemie greifen immer mehr Jugendliche zu harten Drogen - das konnten Experten feststellen. Welche Gründe das hat, wie Behörden helfen:

München ‒ Um das Leben ertragen zu können, greifen sie zu harten Drogen: Immer mehr Jugendliche versuchen so, ihre psychischen Corona-Folgeschäden aufzuarbeiten. Zu dieser erschreckenden Erkenntnis kommen die Experten von Condrobs, einem überkonfessionellen Träger mit vielfältigem sozialem Hilfsangebot. Einen Schwerpunkt der Arbeit bilden die Angebote für suchtgefährdete Jugendliche sowie junge Erwachsene.

„Vor Corona konsumierten etwa 80 Prozent der Jugendlichen, die in unseren Einrichtungen waren, ,leichte‘ Drogen wie Cannabis. Oder sie hatten Probleme mit Alkohol. Nach der Pandemie haben sich die Zahlen gedreht: 80 Prozent der von uns betreuten jungen Menschen greifen zu höchst gefährlichen Substanzen – Opiaten und Opioiden“, sagt Siegfried Gift, Leiter der Abteilung Jugendsucht und Familienhilfe.

Siegfried Gift
Siegfried Gift © Daria Gontscharowa

Drogen-Konsum bei Jugendlichen: Stimmung besser regulieren

„Die Jugendlichen beschweren sich, dass sie sich einsam und verlassen fühlen. Die Opiate helfen ihnen, die Stimmung zu regulieren und geben ein vorgetäuschtes Gefühl von Wärme und Sicherheit“, erklärt Gift. Der Experte vermutet, dass die jungen Menschen Halt und Struktur während der Pandemie verloren haben. „Sie wurden komplett weggesperrt und der Einsamkeit schutzlos ausgeliefert. Gleichzeitig konnten die Jugendlichen sich im Internet gut vernetzen und Kontakt zu Konsumierenden und Drogendealern herstellen.“

Das Schlimmste: Im Vergleich zu Erwachsenen würden Jugendliche viel schneller drogenabhängig. Etwa nach dreimonatigem Konsum könne es zu gravierenden Organveränderungen kommen. Die psychische Abhängigkeit entwickele sich sofort. „Als die jungen Menschen nach der Pandemie wieder rausgehen durften, waren sie mit vielen Problemen konfrontiert“, sagt Gift.

Drogen-Konsum bei Jugendlichen: Beobachtungen schließen auf Konsum-Anstieg

Die Persönlichkeitsentwicklung solcher Jugendlichen sei stark beeinträchtigt. Nur unter Drogeneinfluss hätten sie es gelernt, Freundschaften zu schließen, ihre Liebe zu gestehen und ihren Kummer zu überwinden. „Man muss den Betroffenen beibringen, wie sie ohne Substanzkonsum ihre Gefühle erleben und regulieren können. Das ist ein unglaublich schwerer und langer Prozess“, betont Gift.

Wie viel Jugendliche in München aktuell Opiate konsumieren, weiß der Experte nicht. Auch das Gesundheitsreferat teilt mit, dass keine Untersuchung für München vorliegt, aus der sich die Entwicklung des Drogenkonsums der Jugend ableiten lässt. „Jedoch deuten die Beobachtungen der Münchner Suchthilfeeinrichtungen auf einen Anstieg hin. Insbesondere wird von der Zunahme des Konsums opioidhaltiger Medikamente durch Jugendliche berichtet“, sagt ein Sprecher des Referates.

Drogen-Konsum bei Jugendlichen: Prävention an Schulen

Die Münchner Schulen versuchen, gegenzusteuern: An allen städtischen allgemeinbildenden Schulen gibt es einen Drogenbeauftragten, gekoppelt an die Schulpsychologie und die Fachschaft Biologie. „Zum Thema Drogen werden Elterninformationsabende und diverse Projekte – teils in Zusammenarbeit mit der Polizei – organisiert.

Das Thema wird außerdem in Form von gemeinsamen Diskussionen, Kurzvorträgen und Selbstreflexionen intensiv erörtert“, teilt das Bildungsreferat mit. Gift bestätigt, dass das Hilfsangebot an Münchner Schulen breit ist. Aber: „Unseres Wissens nach besteht gegenwärtig ein großer Mangel an Fachkräften, die dieses Angebot umsetzen könnten.“

30 Drogentote

„Nach Schätzungen der Bayerischen Akademie für Sucht- und Gesundheitsfragen kann von 4000 bis 5000 drogenabhängigen Menschen in München ausgegangen werden“, sagt ein Sprecher des Gesundheitsreferates. Die Zahl der behördlich erfassten Drogentodesfälle in der Stadt liegt mit Stand vom 7. September für 2023 bei 30. Die tatsächliche Zahl liege aber wohl höher.

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